Kleines 1×1 der Hormone

Autorin: Marina

Als Erstes muss ich, Marina, vorausschicken, ich bin weder Ärztin noch Pharmakologin. Ich habe „nur“ Chemieingenieurwesen studiert. Darin enthalten 4 Semester Biochemie. Alle nachfolgenden Informationen sind aus Wikipedia und anderen öffentlich zugänglichen Quellen zusammengesucht. Dieser Text ist meine persönliche Zusammenfassung meines Wissens über Hormone und die Hormontherapie, das ich mir über die Jahre angeeignet habe. Ich erhebe keinerlei Anspruch auf Richtigkeit noch auf Vollständigkeit. Ebenso übernehme ich keinerlei Verantwortung für Konsequenzen, die andere aus meinen Überlegungen und Darlegungen ziehen.Ich möchte mit dieser Zusammenfassung einen leicht verständlichen Überblick geben, wie und wieso Hormone wirken und was eine Hormontherapie im Körper auslöst. Dabei stelle ich alles aus der Sicht einer Mann-zu-Frau transidenten Person dar. Bei Frau-zu-Mann-Transsexuellen ist dies aber ganz genauso, nur mit umgekehrten „Vorzeichen“.

Das Grundprinzip aller Hormone ist das Schlüssel-Schloss Prinzip. Das Hormon ist der Schlüssel, die „Schlösser“ sitzen in den Körperzellen, den sogenannten Rezeptoren. Dockt ein Hormon am passenden Rezeptor an, dann löst dies eine Reaktion der Körperzelle aus. Genauso wie man mit dem passenden Schlüssel ein Schloss öffnet. Jedoch sind Hormone quasi „Einweg-Schlüssel“. Haben sie einmal angedockt, werden sie von der Zelle nach einiger Zeit abgebaut, so dass das Schloss (der Rezeptor) wieder frei ist.

In den Zellen eines gebürtigen Manns finden sich überwiegend Rezeptoren für Testosteron, dem männlichen Geschlechtshormon. Aber auch ein paar wenige Rezeptoren für Östrogene, denn auch die braucht eine biologisch männliche Zelle für ihre Funktion. Es sind jedoch im Verhältnis zu den Testosteron-Rezeptoren nur sehr wenige.

Führt man dem Körper nun von außen Östrogene zu, so besetzen diese sehr schnell alle vorhandenen Östrogen-Rezeptoren. Dies merken die Körperzellen und beginnen zusätzliche Östrogen-Rezeptoren zu bilden. Das passiert allerdings nicht sofort, es dauert ca. 6 Monate, bis dies passiert ist.

Führt man aber auf einmal dem Körper zu viel Östrogen zu, dann werden die Zellen überschwemmt und bauen sogar Rezeptoren ab. Sind die Rezeptoren erst einmal abgebaut dauert es lange, bis der Körper neue bildet. Deshalb kann ich nur vor hohen Dosierungen warnen. Sie können genau das Gegenteil bewirken.

Deshalb gilt hier: Viel hilft nicht viel!!!!

Gleichzeitig sinkt der Testosteronspiegel im Blut. Das liegt daran, dass die Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) permanent die Konzentration an Sexualhormonen im Körper misst. Dabei kann sie aber nicht zwischen Testosteron und Östrogen unterscheiden. Sie sieht nur die Gesamtsumme aus beiden.

Da von außen Östrogene zugeführt werden, muss das Testosteron sinken, damit die natürliche Maximal-Konzentration nicht überschritten wird. Es handelt sich also technisch betrachtet um einen Regelkreis. Dieser Regelkreis wird durch das Luteinisierende Hormon (LH) vermittelt. Die Konzentration dieses Hormons im Blut legt die Produktion an Testosteron in den Hoden fest.

Stellt die Hirnanhangsdrüse also fest, dass genug Gesamt-Hormon im Blut ist, sendet sie auch kein Signal mehr Testosteron zu produzieren. Die Hoden laufen dann sozusagen auf Standgas.
Somit stellt sich ein relativ hoher Östrogenspiegel und ein geringer Testosteronspiegel ein. Dabei konkurrieren natürlich Östrogen und Testosteron im Körper.  Die Verweiblichung geht aber immer weiter voran.

Viele nehmen Östrogen in Form von Tabletten (oral). Der Wirkstoff Estradiol wird dabei durch Magen- und Darmschleimhäute ins Blut aufgenommen. Alles Blut, das vom Verdauungstrakt kommt, muss die Leber passieren. Die sogenannte Leberpassage. Dabei werden über 99,9% des Hormons direkt wieder abgebaut. Nur etwa 0,1% bleiben im Blut. Dies ist eine Schutzmaßnahme des Körpers, damit man sich nicht mit fremden Hormonen vergiften kann. Die Hormonkonzentrationen in Lebensmitteln sind so gering, dass diese während der Leberpassage völlig abgebaut werden. In unserem Fall wollen wir jedoch dem Körper gezielt Hormone zuführen.

Deshalb muss eine 1.000-fach zu hohe Konzentration zugeführt werden, damit am Ende die nötige Konzentration an Östrogen übrig bleibt. Deshalb belastet die orale Hormontherapie die Leber sehr stark. Daher ist es unbedingt erforderlich regelmäßige Blutuntersuchungen durchführen zu lassen.

Die Alternativen zur Oralen Einnahme sind Gele, die auf die Haut aufgetragen werden. Dabei werden nur einige wenige µg Östrogen verwendet. Diese gelangen jedoch direkt ins Blut und werden von der Leber nicht so schnell abgebaut. Daher ist diese Methode schonender für den Körper. Allerdings sind diese Gele teurer als die Tabletten.

Dann gab es früher noch sogenannte Depotspritzen. Dabei wurde Östrogen, gelöst in einem natürlichen Öl (z.B. Sesamöl), unter die Haut gespritzt. Da der Körper das Öl langsam abbaut, wurde genauso langsam das Östrogen in den Körper abgegeben. Diese Öle sind jedoch in Deutschland nicht mehr erhältlich.

Damit komme ich zu den synthetischen Hormonen.

1. Das Ethinlyestradiol. Dies ist Östrogen, an dem künstlich eine Ethingruppe angehängt wurde. Bei der Leberpassage erkennt die Leber diese Ethingruppe als fremd und entfernt sie. Dabei bleibt das aktive Estradiol übrig.  Damit wird quasi die Leberpassage ausgetrickst. Deshalb genügen auch nur sehr geringe Dosierungen um eine Wirkung zu erzielen. In Anti-Baby Pillen wie der Diane 35 bzw. deren Generika werden z.B. nur 35 µg Ethinylestradiol verwendet.

Die Kehrseite der Medaille ist auch hier wieder eine starke Belastung der Leber. Ethinyl-Gruppen sind etwas ziemlich Fremdes in der Natur. Deshalb hat die Leber auch größte Schwierigkeiten diesen Stoff abzubauen.

Aus Berichten von thailändischen Transsexuellen habe ich entnommen, dass die Behandlung mit Ethinylestradiol zwar sehr schnell zu einer Verweiblichung geführt hat, aber auch bei vielen zu Leberkrebs. Deshalb ist die Einnahme von Ethinylestradiol-haltigen Medikamenten, die in manchen Ländern frei verkäuflich sind, mit sehr großer Vorsicht zu behandeln! Davon mal abgesehen wäre ein Import nach Deutschland illegal.

2. Cyproteron, welches meistens in Form des Cyproteronacetats verabreicht wird. Es ist auch unter dem Handelsnamen „Androcur“ bekannt.

Cyproteron ist ein synthetisches Gestagen, dass bei Männern die Bildung von Testosteron, bei Frauen die Bildung von Östrogen unterdrückt. Es greift dabei in den oben genannten Regelkreis der Hirnanhangsdrüse ein, indem es die Rezeptoren des LH blockiert.

Man muss sich das so vorstellen, als ob dies ein Schlüssel ist, dessen Form zwar ins Schloss passt, aber dessen Zacken nicht stimmen. Daher lässt sich der Schlüssel nicht drehen und bewirkt auch nichts. Noch dazu lässt sich dieses synthetische Hormon nur schlecht abbauen und blockiert daher das „Schloss“ viel länger als das natürliche LH. Man kann es sich so vorstellen, als ob dieser falsche Schlüssel zu allem Überfluss auch noch einen Widerhaken hat und im Schloss stecken bleibt.

Ohne LH stellen die Hoden die Produktion des Testosteron ein. Dies kann eine teilweise Einstellung, aber maximal auch eine völlige Einstellung sein. Dies ist abhängig von der Dosis des Cyproteron.

Wie bereits am Anfang gesagt ist Cyproteron auch ein synthetisch hergestelltes Hormon. Es wurde eine Cyclopropangruppe angefügt. Etwas, dass in der Natur so nicht vorkommt. Diese Gruppe ist einerseits der „falsche“ Zacken im Schlüsselbart und auch der „Widerhaken“. Auch hier wird bei oraler Aufnahme ein Großteil des Wirkstoffs bereits in der Leber entsorgt. Deshalb sind auch hier Dosierungen im mg-Bereich nötig um eine Blutkonzentration von einigen µg zu erreichen.

Damit ist auch klar, dass dieses synthetische Hormon sehr stark die Leber belastet. Jedoch gibt es meines Wissens nach Cyproteron nur in Tablettenform. Da der Abbau die Leber stark belastet, kann dieser Wirkstoff nachgewiesenermaßen zu Leberkrebs führen. Aus diesem Grund wurde Cyproteron in den USA 1986 die Zulassung als Medikament entzogen. Das sollte einem schon zu denken geben.

Das größte Problem mit Cyproteron sind jedoch dessen Nebenwirkungen. Durch das schlagartige Absinken des Testosteronspiegels kommt es in sehr vielen Fällen zu Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Kraftverlust, Spannungsgefühl in der Brust und Gewichtszunahme. Aber für die schlimmste Nebenwirkung halte ich die Verstärkung von Depressionen.

Dem Körper fehlt das Testosteron, während es noch nicht genügend Rezeptoren für Östrogen gibt. Ich habe in vielen Berichten gelesen, dass jene, die Cyproteron nehmen unter mehr oder minder starken Depressionen leiden.

Deshalb bin ich der Meinung, dass man, wenn es geht auf Cyproteron verzichten sollte. Die Feminisierung geht auch so voran, es dauert nur ein bisschen länger. Generell ist die Geduld bei der Transition unser bester Freund.

In manchen Fällen, wie z.B. bei sehr starker Körperbehaarung und starkem Bartwuchs kann es schon sinnvoll sein eine geringe Dosis von Cyproteron zu nehmen. Diese sollte sich jedoch im Bereich von 5-10 mg bewegen. Leider muss ich immer wieder lesen, das Endokrinologen 25, 50 sogar 100 mg Cyproteron verschreiben. Einer guten Freundin von mir wurde es so erklärt, dass man versucht den „Mann“ zuerst einmal auszutreiben.

Wenn man das von mir weiter oben Geschriebene mal verinnerlicht, dann wird schnell klar, dass eine hohe Dosierung von Cyproteron von Anfang an nicht allzu viel Sinn macht. Der Körper hat noch gar nicht genügend Rezeptoren für Östrogen. Die Folge sind Depressionen usw.

3. Finasterid ist ein synthetischer Enzymblocker, der eigentlich verwendet wird, um eine vergrößerte Prostata zu behandeln. Finasterid verhindert die Umsetzung von Testosteron in Dihydrotestosteron, der eigentlich wirksamen Form des Testosteron. Dihydrotestosteron ist unter anderem verantwortlich für den Kopfhaar-Ausfall, aber auch für die Körperbehaarung bei Männern. Deshalb wird es manchmal eingesetzt, um den Haarausfall zu verhindern. Gleichzeitig geht dabei auch die Körperbehaarung zurück. Nebenwirkungen sind Potenzstörungen bis hin zur Impotenz, Brustvergrößerung und Depressionen. Bei Man-zu-Frau-Transsexuellen wird dieser Wirkstoff jedoch nur selten eingesetzt, da das Medikament sehr teuer ist.

4.Spironolacton ist ein Medikament, das eigentlich dazu gedacht ist, eine erhöhte Wasserausscheidung zu bewirken. Mit abnehmendem Wasseranteil im Blut verringert sich die Blutmenge. Das Herz wird entlastet und der Blutdruck sinkt. Auch Wasseransammlungen im Gewebe werden dadurch ausgeschwemmt. Manchmal wird es ebenfalls eingesetzt, um die Wirkung des Testosteron zu verringern. Aufgrund der Ähnlichkeit von Spironolacton zu Sexualhormonen kann es bei hohen Dosierungen zu einer Brustvergrößerung führen. Bei einer Überdosierung und längerer Anwendung erhöht sich das Risiko für Nierenschäden enorm.

Zusammenfassend kann man sagen, es macht keinen Sinn, mit mehr als 2 mg Östrogen pro Tag anzufangen. Mehr noch, es kann sogar kontraproduktiv wirken, da, wie schon weiter oben beschrieben, gar nicht genügend Rezeptoren für Östrogen zur Verfügung stehen

Der sinnvollste Weg ist, mit einer kleinen Dosierung an Östrogen (1-2 mg, je nach Körpergewicht) anzufangen und den Körper erst einmal ganz langsam an das Östrogen zu gewöhnen.  Nach ca. 3-6 Monaten kann dann langsam die Dosierung gesteigert werden, bzw. der Blocker in kleiner Dosierung dazu genommen werden, sofern dies wirklich nötig ist.

Unter dem Strich halte ich dies für den gesündesten Weg die Transition vorzunehmen.

Zum Schluss noch einmal der Hinweis:
Dies ist meine Sicht und mein Verständnis der Dinge. Ich übernehme keinerlei Haftung für jedwede Konsequenz, die jemand aus meinen Überlegungen ziehen könnte!
Hinweis des Gendertreff:
Hormoneinnahme nur mit ärztlicher Begleitung!

Viele Grüße
Marina