Heute kein Kleid?

Wenn man beginnt, als Transgender rauszugehen ist man verständlicherweise zunächst einmal unsicher. Auch gibt es häufig diverse persönliche oder berufliche Gründe deretwegen man vermeidet, bereits vollständig en femme das Haus zu verlassen. Ava berichtet von ihren Erfahrungen.

So wie oben beschrieben war es am Anfang auch bei mir. Vor allem berufliche Gründe hinderten mich daran, direkt fertig gebrezelt aus dem Haus zu gehen. Doch natürlich kam es irgendwann, wie es kommen musste. Ich hatte nämlich keine Lust mehr auf großartige Umziehaktionen oder gymnastische Verrenkungen im Auto auf einsamen Parkplätzen in Gewerbegebieten. Also verließ Ava irgendwann einfach so ihre Wohnung.

Natürlich passierte: Nichts, wie immer. Mir begegnete nicht einmal jemand im Hausflur. Nun ist es nicht so, dass ich davor besondere Angst gehabt hätte. Vielmehr gab und gibt es einige private und berufliche Gründe, warum ich es früher anders gehalten habe. Diese haben sich zwar nicht geändert. Aber je länger man das Dasein als „Zimmertranse“ hinter sich lässt, desto selbstverständlicher geht man mit seiner Transgendereigenschaft um. Und so war es eben letztlich auch bei mir. 😉

Wie gesagt, monatelang passierte gar nichts. Vor einigen Wochen jedoch saß auf dem Treppenabsatz im Erdgeschoss das zur dortigen Wohnung gehörende Mädchen samt ihren Freundinnen. Ich sagte freundlich „Hallo“. Sie schaute, grüßte ebenfalls und registrierte erst einige Momente später, was los war. Dann rief sie in Richtung der offenen Wohnungstür: „Mama! Der Mann trägt ein Kleid!“

So, damit dürfte mein Outing im Haus dann durch sein. Gerade Anfängern möchte ich hier Mut machen. Denn es ist natürlich nichts weiter passiert. Auch die Mutter der Kleinen, die ja sicherlich mitbekommen hat, wer hier im Haus das Kleid getragen hat, grüßt weiterhin ganz normal.

Einige Wochen später sah ich sowohl Mutter als auch Tochter. Ich saß – natürlich wieder einmal en femme – bereits im Auto, als beide nach Hause kamen. Die Tochter sah mich und winkte ganz fröhlich.

Wiederum einige Wochen später verließ ich das Haus. Dieses Mal hatte ich zwecks Wahrnehmung eines beruflichen Termins mein männliches Alter Ego geschickt. Wieder einmal begegnete mir die Kleine. Dieses Mal fragte sie mich ganz vorwitzig: „Heute kein Kleid?“ Ich antwortete: „Nein, heute nicht. Morgen wieder.“

Fazit: Der selbstbewusste Umgang mit der Transgendereigenschaft ermöglicht nach meiner bisherigen Erfahrung nahezu überall en femme aufzutreten.

Viele Grüße
Ava

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