Chrissies Klassentreffen

Autorin: Chrissie

 

Am Samstag den 9.5. fand unser 35. Jähriges Klassentreffen statt. Da ich inzwischen im privaten Bereich ja seit einiger Zeit als Frau lebe und auch bei allen Freunden und Nachbarn geoutet bin wollte ich nun dieses letzte Outing im Privatbereich auch noch durchziehen.

Es waren lediglich die beiden Organisatoren des Klassentreffens eingeweiht. Der eine ist Redakteur einer Zeitung und ich hatte ihn gebeten einen Artikel mit den Terminen für den Gendertreff Iserlohn in den Ausgaben des südlichen Märkischen Kreis zu platzieren. Dafür war natürlich ein Outing vorab notwendig, der andere ist ein alter Freund, der Chrissie schon etwas länger kennt. Beide hatten jedoch die Auflage im Vorfeld nichts zu verraten.

Ich habe mich dann gestern aufgestylt: schwarzes kurzes Lederkostüm (Rock und Jacke) (der Rock endet eine Hand breit über dem Knie) mit weißer Bluse und passenden Pumps, dazu passender Schmuck und Make Up.

Zur moralischen Unterstützung war meine Frau und ihre Cousine anwesend, (die Cousine meiner Frau war auf derselben Schule eine Jahrgangsstufe tiefer und vor 29 Jahren „Schuld“ dass ich meine Frau kennengelernt habe. (Vielen lieben Dank Steffi, das hast Du damals sehr gut gemacht!!!)

ABI80 Treffen bei Dahlmann

Das Treffen fand im Saal einer Gaststätte unweit unserer alten Schule statt. Offizieller Beginn war 19.00 Uhr, jedoch waren die meisten schon vorher da, weil sie direkt von der Schul- und Altstadtbesichtigung, zu der wir leider wegen unseres Hundes nicht mitkonnten, zu der Gaststätte gegangen waren.

Wir waren also kurz nach 19.00 Uhr da und am Eingang bekam ich doch etwas Herzklopfen, zumal ich seinerzeit in der Schule schon mit den Streichen meiner Klassenkammeraden zu kämpfen hatte. Aber ich dachte mir Augen zu und durch, notfalls fahre ich halt wieder nach Hause.

Wir kamen in den Saal der schon gut gefüllt war und ich wurde gleich als erstes einer Illusion, die ich vor Jahren hatte, beraubt. Wenn der Umstand passt, wird man immer erkannt, egal wie stark man sich verändert hat. Klassenkammeraden, die ich schon 10 Jahre nicht gesehen hatte, und die mich eigentlich nur mit Kurzhaarschnitt und Bart kannten haben mich sofort erkannt. OK meine Größe spielt da sicher auch eine Rolle, allerdings sagten sie auch, dass sie mich auf der Straße wahrscheinlich schon wegen der Größe bemerkt aber vielleicht nicht erkannt hätten.

Ich war noch gar nicht ganz drin, da kamen schon einige auf mich zu und begrüßten mich herzlich, fragten wie sie mich denn nennen sollten ,und es entwickelten sich schnell Gespräche und viele Fragen prasselten geradezu auf mich ein: Seit wann fühlst Du denn so, bist Du schon operiert, was sagt Deine Frau dazu und vieles mehr. Ich habe alles ausführlich beantwortet, hatte natürlich auch meinen privaten und den Gendertreff-Flyer in genügender Zahl mit. Das ganze wurde dann dadurch gekrönt, dass ein Klassenkamerad sich für die damaligen Streiche entschuldigte.

ABI80 Treffen bei Dahlmann

Wir sind dann erst einmal weiter zu meinem alten Freund und seiner Frau gegangen. Ich habe bewusst auf eine Rede verzichtet, weil damals in der Schule 80 Leute das Abi gemacht hatten und man nicht zu allen den gleichen Kontakt hatte, manche kannte man nur vom Sehen auf dem Schulhof. Weiterhin wollte ich natürlich sehen, wer sich wirklich für mich interessiert.

Mit einem anderen alten Freund – von dem ich vorher vermutet hätte, dass er Probleme haben könnte – entwickelte sich auch noch ein langes Gespräch, bei dem herauskam, dass er das Thema TS schon von seiner Cousine her kenne und ein anderer Klassenkamerad bat mich um meine Kontaktadresse der SHG für seine Frau, diese arbeitet auf dem Amt und hatte in letzter Zeit häufiger Kontakt mit Transgendern. Tja wie heißt es doch so schön, du glaubst keinen Transgender zu kennen, aber viele Transgender kennen Dich.

Im Laufe des Abends habe ich so sicher mit zwei Dritteln der Anwesenden Kontakt gehabt und nur positives und viele Fragen gehört. Vielen lobten mich für den Mut so zu kommen.

ABI80 Treffen bei Dahlmann

Einige wenige, mit denen ich jedoch auch früher in der Schule so gut wie keinen Kontakt hatte (andere Kurse) sollen sich wohl teilweise etwas lustig gemacht oder über unseren Modestil beschwert haben (in dem Alter könnte man so etwas kurzes doch nicht tragen). Dies wurde mir im Laufe des Abends erzählt, ich kann es jedoch weder bestätigen noch dementieren.

Leider ging der Abend für uns viel zu schnell vorbei (das ist halt das Problem, wenn man einen Hund hat) und unsere Cousine musste anschließend ja noch weiter nach Oberhausen. So mussten wir uns dann gegen 22.00 schweren Herzens auf den Nachhauseweg machen. Mit einigen haben wir auch verabredet uns doch hin und wieder mal zwischen den Klassentreffen, die nur alle 5 Jahre stattfinden, zu treffen.

Alles in allem war es ein prima Abend, es hat sich wieder einmal bewahrheitet, dass wir uns die Schranken selbst auferlegen und die Öffentlichkeit viel toleranter ist als man glaubt.

 

Liebe Grüße Chrissie

INHALTSVERZEICHNIS