Ohne Hose auf Geschäftsreise

Das kann nur Mann-zu-Frau-Transgendern passieren: Geschäftsreise mit Sightseeing in Rothenburg ob der Tauber. Doch plötzlich stellt sich die Frage: Habe ich überhaupt eine Hose für das männliche Business-Outfit dabei? Ava berichtet.

Diejenigen, die mich aus dem Gendertreff-Forum oder von unseren Selbsthilfetreffen kennen wissen, dass ich meine Transidentität in „Teilzeit“ auslebe. Dies hat u.a. berufliche Hintergründe, da ich in geschäftsführender Position arbeite. Zu dieser Position gehört natürlich auch die ein oder andere Geschäftsreise.

Wer mich kennt weiß, dass ich für meine „Alte-Steine-Touren“ berüchtigt bin. Böse Zungen behaupten gar, ich hätte schon die ein oder andere Entfernungsangabe etwas geschönt, um möglichst viele Sehenswürdigkeiten unterwegs abarbeiten zu können. Das ist aber selbstverständlich nur ein böses Gerücht, an dem natürlich nichts dran ist. 😉

Im Herbst letzten Jahres ergab es sich, dass ich eine Geschäftsreise nach Süddeutschland antreten musste. Bereits am Montagmorgen hatte ich einen Termin in einer Stadt an der Schwäbischen Alb. Also bin ich bereits am Sonntag hingefahren und habe dort in einem Hotel übernachtet. Meine geschäftlichen Termine nehme ich als Mann wahr. Wenn ich aber keine Termine habe, bin ich natürlich viel lieber im Identitätsgeschlecht unterwegs. Und wenn man schon Sonntags nach Süddeutschland muss, dann kann man diese Tour ja auch gerne mal mit einigen „alten Steinen“ aufwerten.

Also habe ich mich am Sonntagmorgen angezogen, habe den Koffer gepackt und bin nach Süddeutschland gefahren. Ganz in der Nähe meines damaligen Ziels befindet sich ein echtes touristisches Highlight: Rothenburg ob der Tauber. Also wenn das keine alten Steine sind, dann weiß ich auch nicht. 😉

Rothenburg ob der Tauber 001a

Wie man an dem Foto sehen kann, hatte ich auch richtig viel Glück mit dem Wetter. Ich schaute mir also Rothenburg ob der Tauber an und genoss die für einen Herbsttag ungewöhnlich warme Sonne. Auch eine Einkehr in einem urigen Café gönnte ich mir natürlich.

Nach einigen Stunden brach ich dann auf, um die restliche Strecke zu meinem Zielort zu fahren. Kurzer Check-in im Hotel und dann ging es auch schon ins Städtchen zum Abendessen. Vorher habe ich mir natürlich noch schnell ein anderes Kleid angezogen, denn erstens habe ich ja wahrlich nicht wenige Kleider und zweitens muss frau ja zum Essen auch richtig chic sein.

Ja, und so saß ich dann irgendwann beim Abendessen in einem gemütlichen Restaurant, als plötzlich die folgende Frage aufkam: „Habe ich eigentlich eine Hose dabei?“ Ich ging alles in Gedanken durch: Ja, ich hatte durchaus ein Herren-Business-Outfit eingepackt. Also keinen Anzug, sondern Business-Casual, wie es neudeutsch heißt. Ich konnte mich daran erinnern, Schuhe eingepackt zu haben. Ein Hemd hatte ich auch dabei und auch ein Jackett. Aber eine Hose? Die Überprüfung kurz darauf im Hotelzimmer bestätigte: Fehlanzeige in Bezug auf eine Hose. Kleider hatte ich dagegen wahrlich genug dabei. 😉

Ja, und damit stand ich also vor einer Entscheidung: Sollte ich mich ungeplant bei dem am Montagmorgen zu besuchenden Lieferanten als transident outen? Letztlich widerspricht das dem Vorgehen, das wir zum Thema Transidentität und Arbeitswelt empfehlen. Andererseits muss ich aber auch zugeben, dass mir der ständige Switch zwischen Geburtsgeschlecht und Identitätsgeschlecht durchaus mitunter zu schaffen macht.

Ich habe mich letztlich entschieden, mich am Montagmorgen bei dem Lieferanten krank zu melden. Ich sagte, ich müsste zum Arzt, da ich Probleme mit einer allergischen Reaktion hätte und bat, den Termin um einige Stunden zu verschieben. In Wirklichkeit ging ich eben schnell eine Hose kaufen. Anschließend ging es wieder zurück ins Hotel, wo ich mich schnell „abgebrezelt“ habe. Kurz darauf checkte ein Geschäftsmann aus und fuhr zum Termin bei dem besagten Lieferanten …

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