Köln im Rock

Eine Tranny(kul)tour

Erlebt und geschrieben von Gitta

Anno 2009, am 5. Tag im September, fünf Minuten vor dem vierten Glockenschlag am Nachmittag. Es regnet in Strömen, Köln zeigt sich von seiner grauesten Seite. In der Stadt herrscht das übliche Gewimmel von Touristen aus der ganzen Welt aber auch Familien, die schwerbepackt ihren Samstagseinkauf erledigen. Um den Dom herum irren bereits zum fünften Male vier Frauen mit einem Stadtplan in der Hand suchend umher. Reporter Günni hat mal wieder Wochenenddienst und hat seine Laune in hervorragender Weise dem Wetter angepasst.

Doch plötzlich passiert es:

Pünktlich mit dem vierten Glockenschlag reißt der Himmel auf, wärmende gleißende Sonnenstrahlen bahnen sich den Weg zur Erde und sechs Frauen stürmen auf einen einsamen Stadtführer zu, der wartend vor dem Kölnischen Stadtmuseum steht.

Es sind Xenia, Ute, Rita, Kirsten, Gisela und Gitta, die sich vorgenommen haben, etwas für Kultur und Bildung zu tun und deswegen eine Stadtführung auf den Spuren ihrer Vorfahren, den berühmtesten Kölner Frauen zu unternehmen unter dem Motto: Kölner Frauen – Starke Frauen.

Der arme Stadtführer mit dem Namen Markus wusste gar nicht, wie ihm geschah, fasste sich aber schnell genug wieder um geschäftstüchtig die Tickets zu verkaufen, bevor die sechs Damen es sich vielleicht doch noch anders überlegten.

Und so startete die gemischte Gruppe vom alten Zeughaus aus, das in den Jahren 1594 bis 1606 als Waffenkammer diente und seit 1888 das Stadtmuseum beherbergt zum Römerbrunnen. Dieser Brunnen wurde im Jahre 1915 an der alten römischen Stadtmauer errichtet, um an die Zeit der Römer in Köln zu erinnern.

Hier konnten die Damen ein in Stein gehauenes Abbild von Agrippina der jüngeren entdecken, der Gattin des römischen Kaisers Claudius, ihres Onkels. Die Ubierin Agrippina wurde im Jahre 15 nach Chr. im heutigen Köln geboren, ihr zu Ehren und um ihre Macht zu verdeutlichen verlieh Kaiser Claudius der damaligen Siedlung die Stadtrechte und nannte sie „Colonia Claudia Ara Agrippinensum“, wodurch sich später der auch heute noch gebräuchliche Name „Colonia“, aber auch „Köln“ ergab.

Nach diesen erklärenden Worten führte Markus die Gruppe über die alte römische Stadtmauer zur nahegelegenen Kirche St. Andreas. Im Zusammenhang mit einem dort hängenden Bild erfuhren die Frauen alles Wissenswerte über die Hexenverfolgungen und – Verbrennungen, insbesondere über die wohl berühmteste Hexe Kölns, Katharina Henoth. Diese wurde während ihrer Verhöre fünfmal gefoltert, aber selbst als sie total verkrüppelt war, gestand sie nicht. Trotzdem wurde sie am 19. Mai 1627 auf Melaten verbrannt, was bereits nach damaligem Recht jeder juristischen Grundlage entbehrte.

Außerdem befindet sich in St. Andreas ein Altar sowie ein Bild des Dominikanerpredigers St. Peter von Mailand, dem Schutzpatron der Kölner Bierbrauer, die sich auch „St. Peter von Mailand Bruderschaft“ nannte. Als 1797 unter französischer Besatzung alle Handwerkerverbände aufgelöst wurden, überstand dieses als einzige die Brauerzunft, die sich von da an „Cölner Brauercorporation“ nannte. Die Andreaskirche ist auch heute noch die Patronatskirche dieser Zunft.

Die bunt gemischte kleine Gruppe zog nun weiter durch die belebte Innenstadt am Dom vorbei und der Reporter hatte Mühe, sie in dem Menschengewühl nicht zu verlieren. Aber bald sah er sie wieder, angestrengt lauschend standen die sechs um den Stadtführer herum.

Hier am Fuße des Domes gründete anno 1826 eine Klosterfrau ein Unternehmen zur Herstellung von Arzneimitteln. Es war Maria Clementine Martin, eine Nonne, aus Brüssel, die in der Krankenpflege tätig war und sich mit der Pflanzenheilkunde beschäftigte. Nach mehreren Stationen kam sie 1825 nach Köln, um den Domvikar zu pflegen und erfand den bekannten „Klosterfrau Melissengeist“. Geschäftstüchtig und clever wie sie war, ließ sie den Betrieb im Handelsregister eintragen und den Namen schützen. Sie wurde damit zur ersten erfolgreichen Unternehmerfrau des 19. Jahrhunderts. Heute befindet sich der Stammsitz der Firma nicht weit entfernt in der Kölner Stadtmitte, aber an der Stelle des alten Betriebs steht jetzt bezeichnender Weise das Brauhaus „Früh am Dom“, in dem es allerdings auch ein Allheilmittel auf pflanzlicher Basis zu verköstigen gibt.

Die nächste Station war jetzt das „Haus Farina gegenüber dem Jülich Platz“, das Haus, in dem der Italiener Johann Maria Farina ein Duftwasser erfand, das er zu Ehren seiner neuen Heimatstadt „Eau de Cologne“ nannte. Dieses Parfüm fand Gefallen an allen Höfen und wurde dadurch weltweit bekannt. Das Stammhaus ist heute noch am alten Platz im Familienbesitz und beherbergt unter der Leitung einer Nachkommin, Tina Farina, einen Verkauf der selbst gemischten und hergestellten Parfümartikel sowie ein Duftmuseum.

An der Rückseite des Gebäudes zog nun ein Brunnen die Aufmerksamkeit der Besucherinnen in seinen Bann.

Am Frauenbrunnen ist eindrucksvoll der Wandel der Frauen von den Ubierinnen anno 50 n. Chr. über die Heilige Ursula bis heute an den in Stein gehauenen Figuren zu erkennen. Besonders interessant war natürlich die Legende von der heiligen Ursula, einer britischen Königstochter, die ihr Leben Christus geweiht hatte. Als jedoch der heidnische König von Anglia sie zur Braut für seinen Sohn machen wollte, forderte sie von ihm, den christlichen Glauben anzunehmen, sie selbst begab sich aber mit ihren Gefährtinnen, eben der Legende nach 11000 zu einer Pilgerreise nach Rom und starb nach ihrer Heimkehr den Märtyrertod. Nun ja, eine Legende von vielen, die sich um die heilige Ursula ranken, in deren Zusammenhang aber immer die Zahl 11 eine Rolle spielt und im Kölner Stadtwappen verewigt ist in Form von 11 schwarzen Tränen der Trauer unter den 3 Kronen als Symbole für die heiligen drei Könige, deren Reliquien im Kölner Dom aufbewahrt sind.

Von dort folgte Günni den sechs Frauen am historischen Rathaus vorbei in die Seidenmacherinnengasse. Hier in der Nähe des Heumarktes befand sich in früherer Zeit eine reine Metropole der Frauenzünfte, kleine Handwerksbetriebe wie Seidenspinnerinnen, Bortenmacherinnen und auch Goldschmiedinnen prägten dort das Stadtbild. Bis in die 80er Jahre hatte der Name der Gasse übrigens die männliche Form und wurde auf Betreiben des Kölner Frauengeschichtsvereins umbenannt.

Nach einem weiteren Weg über den belebten Heumarkt endete der Rundgang dann im sogenannten „mittelalterlichen Viertel“, einem Komplex, der im vorigen Jahrhundert durch Kriege komplett zerstört wurde und dreimal nach mittelalterlichem Vorbild wieder aufgebaut wurde.

Mit rauchenden Köpfen zog es die Damengruppe nun zuerst einmal ins nächste Cafe, um sich bei Kaffee, Tee und Kuchen von dem doch anstrengen Nachmittag ein wenig zu erholen und das Gehörte und Gesehene zu verarbeiten. Auch Reporter Günni gönnte sich eine Pause, bevor es die Gruppe plötzlich wieder eilig hatte, aufzubrechen.

Zielstrebig eilten sie mitten durch die Kölner Innenstadt zum Ausgangspunkt ihres Rundgangs zurück, stiegen in Gittas Auto ein und fuhren auf direktem Wege zum allmonatlichen Gendertreff Leverkusen , um in gemütlicher Runde den Tag zu beenden.

Es war ein interessanter, zugleich aber auch amüsanter Nachmittag, den Gisela organisiert hatte.

Köln ist nicht nur eine Stadt, Köln ist eine Lebensart, ein Gefühl, und Stadtführer Markus verstand es gekonnt, uns die Mythen und Legenden, die in Köln noch heute allgegenwärtig sind, glaubhaft näher zu bringen.

Dieser Nachmittag hat Lust auf mehr gemacht, und so werden bestimmt noch weitere Führungen in dieser interessanten geschichtsträchtigen Stadt folgen.

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